Brühler Kunstverein
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Wolfgang Bous - Von Farbflächen und Holzschichten

Ausstellung vom 28. Februar bis 27. März 1999

Wolfgang Bous
o.T. 1999
© W.Bous

Wolfgang Bous - "Von Farbflächen und Holzschichten"

Einen grundlegenden Aspekt im künstlerischen Schaffen von Wolfgang Bous stellt die Auseinandersetzung mit der Frage der Zwei- und Dreidimensionalität innerhalb der Malerei dar. Vor diesem Hintergrund konzentrierte er im Laufe der letzten Jahre sein künstlerisches Bestreben immer mehr darauf, mit der durch die Leinwand vorgegebenen Zweidimensionalität zu arbeiten. Das veranlasste ihn nach und nach, den in der Kunst traditionell durch die Zentralperspektive bestimmten, tiefenwirksamen Bildraum als für seine Malerei inakzeptabel anzusehen. Der zunehmende Verzicht auf jegliche tiefenräumliche Wirkung sowie auf gegenständliche Sujets bedingte Bildkompositionen von neben- und übereinandergelagerten, geometrischen Farbflächen. Insbesondere die Rechteckform, bar jeder räumlichen Wirkweise, schien dem Künstler für seine flächenbetonte Malerei geeignet. Die die Entwicklung seines Malprozesses widerspiegelnden Staffelungen von Farbschichten, bei denen untere Ebenen sichtbar blieben, sowie die unterschiedliche Pastosität im Farbauftrag waren die einzige "Dreidimensionalität", die Wolfgang Bous für seine Werke noch gelten ließ. Diese Gestaltungsweise führte den Künstler konsequent zur Malerei auf verschieden hohen Holzschichten: Der Weg zum bemalten Relief und damit zur plastischen Dreidimensionalität war eingeschlagen.

Als Material für seine Reliefs verwendet Bous mehrfachgeschichtete, zusammengeleimte Holzplatten. Die Größe der bemalten Holzkunstwerke ist sehr variabel: Kleine und mittlere Arbeiten wie auch große Formate entstehen abwechselnd. Zu Beginn gestaltet der Künstler die Holzstruktur seiner Kunstwerke. Entsteht diese bei kleinen Werken oft schnell und in unmittelbarer Spontaneität, so erfordern größere Reliefs Vor- und z.T. auch Zwischenentwürfe, um die Komposition vorab zu bestimmen und zu klären. Zuweilen fasziniert den Künstler während der Arbeit an einem großen Werk eine bestimmte Farbstruktur derart, dass er den Arbeitsprozess an dem Holzwerk kurzzeitig unterbricht, die Farbstruktur malerisch auf Papier überträgt und sie dann in diesem Medium durchvariiert. Die so entstehenden Papierarbeiten sind zwar aus einer Reliefarbeit hervorgegangen, aber in ihrem Resultat unabhängig von dieser. Insgesamt ist die Vorgehensweise von Wolfgang Bous dadurch charakterisiert, dass er ständig auf das zuvor Geschaffene künstlerisch reagiert.

Für die Gestaltung der Reliefstruktur stemmt der Künstler aus der vorgegebenen Schichtung der Holzplatten Formen in unterschiedlicher Höhe heraus, die er z.T. an einer anderen Stelle im Relief wieder aufleimt.
Die geometrische Grundform, mit der Wolfgang Bous bei seinen Holzwerken arbeitet, ist, ebenso wie in der Malerei, das Rechteck. Doch handelt es sich dabei nie um eine mit dem Lineal gezogene Form. Die Unebenheiten verleihen dem Rechteck seine Lebendigkeit, bewahren es vor der Erstarrung, vor der Akribie. Während des Arbeitsprozesses kristallisiert sich nach und nach ein horizontales und vertikales Gefüge von Flächen auf unterschiedlichen Reliefebenen heraus. Diese Höhen und Tiefen bilden einen plastischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Durch diese Binnenstruktur staffelt sich das Relief von der Wand aus in den Raum hinein.
Bei der äußeren Grundform des Reliefs kann es sich zum einen um eine geschlossene, in sich ruhende Rechteckform handeln, die sich von der umliegenden Wandfläche abgrenzt. Ebenso können aus einer geschlossenen geometrischen Form kleinere Flächen und Winkel herausgesägt sein, so dass sich ein Ausschnitt ergibt. Dadurch öffnet sich das Relief. Es ragt in die angrenzende Wandfläche hinein und nimmt gleichsam Kontakt zu ihr auf.
Die Binnenstruktur der Reliefs zeigt auf unterschiedlichen Ebenen verschiedenartigste Neben- und Übereinanderlagerungen, Verzahnungen und Ineinanderschachtelungen von Formen: Hoch- und querformatige Flächen werden miteinander kombiniert. Manche von ihnen sind derart schmal, dass sie wie dünne Stege oder Grate wirken. Betrachtet man die aufgeleimten oder erhöht stehenden Formen als "positives" Gestaltungselement, so bilden die ausgestemmten Formen einen "negativen" Kontrapunkt. Gleichfalls ergibt sich ein Spannungsverhältnis zwischen den Rechtecken und den rechtwinkligen Flächen zwischen ihnen.

Wolfgang Bous bearbeitet seine Holzstrukturen solange, bis er eine Stabilität innerhalb ihres kompositorischen Aufbaus erreicht sieht. Doch erweist sich dieser Zustand lediglich als kurzfristige "Ruhephase" des Reliefs. Der nun folgende malerische Eingriff des Künstlers stört dieses temporäre Gleichgewicht der Formen, bringt es wieder in "Unordnung". Der Malprozess, der sich im Reagieren auf die zuvor geschaffene Reliefkomposition vollzieht, bedingt wieder eine Offenheit innerhalb des strukturellen Aufbaus, bis endgültig eine gemeinsame Wechselwirkung zwischen Farbflächen und Holzschichten erreicht ist.
Als Farbmittel verwendet der Künstler Farbpigmente und als Bindemittel Eitempera. Dieses Bindemittel verleiht den Farben eine matte Erscheinung. Um eine lasierende Wirkung zu erzielen, werden den Farben beim Mischen u.a. Schiefermehle zugesetzt. Während des Malprozesses lagert Wolfgang Bous die verschiedenen Farbschichten derart übereinander, dass untere Ebenen partiell noch sichtbar bleiben. Innerhalb eines Reliefs werden oft verschiedene Spannungsverhältnisse zwischen den Farbflächen und Holzschichten relevant, die die Aufmerksamkeit des Betrachters fesseln: Malerisch bearbeitete Formen sind kontrastierend neben reine, unbemalte gesetzt. Damit tritt die Textur der Farbe eindrucksvoll in Wechselwirkung zur Struktur des Holzes. Farb- und Holzflächen können deckungsgleich sein, so dass ein formaler Gleichklang dieser beiden Gestaltungselemente wirksam wird. Jedoch können sie auch auf unterschiedliche Weise in Kontrastverhältnisse treten: Wird eine Holzform von zwei oder sogar drei Farbfeldern unterteilt, führt das zu einer Verunklärung der Holzfläche. Verteilt sich ein einziger Farbton auf unterschiedlich hohe Holzschichten, so werden die Höhenunterschiede durch den Einsatz desselben Farbtons nivelliert: Wo fängt z.B. die tiefergelegene blaue Fläche an und wo hört die höhergelegene ebenfalls blaue Fläche auf? Dadurch verlieren die Umrisse der Holzstruktur an Schärfe.
Durch den Malprozess können somit andere Flächengruppierungen relevant werden, als die durch die Holzstruktur vorgegebenen: Relief- und Farbkomposition treten in einen abwechslungsreichen Dialog. Wolfgang Bous gestaltet seine Kunstwerke oftmals derart, dass beide Verhältnisse - Identität und Kontrast von Farb- und Holzflächen - innerhalb eines Reliefs zur Bedeutung gelangen.

Damit sind die Farb- und Formverhältnisse in den Werken des Künstlers aber noch nicht erschöpft. Verschiedene Farbkontraste werden subtil eingesetzt, um das Thema der Zwei- und Dreidimensionalität in ein "verwirrendes Wechselspiel" zu bringen.
Die ausgeglichene Wirkung eines Komplementärkontrastes (z.B. Rot und Grün) wird durch das Hinzufügen einer Primärfarbe (z.B. Gelb) in ihrer Stabilität gestört, und die Farben geraten in eine unruhigere Spannung. Leuchtende, intensive Farben (ein kräftiges Rot) werden zu getrübten Farben (ein mattes Gelb) in Kontrast gesetzt. Kalte und warme Farben (Blau und Rot) stehen miteinander im Dialog.
Mal sind kalte und getrübte Farben (z.B. ein mattes Blau) entsprechend ihrer perspektivischen Tiefenwirkung auf die tiefsten Reliefebenen gemalt und intensiv leuchtende Farben (z.B. ein kräftiges Rot) drängen auf der höchsten Holzschicht nach vorne. Doch genauso können kalte, getrübte Farbtöne sich auf der vordersten Relieffläche befinden und leuchtend intensive auf der tiefsten.
Wolfgang Bous setzt die Farben somit mal entsprechend und dann wiederum entgegen ihrer perspektivischen Tiefenwirkung ein. Dadurch werden die Reliefebenen in ihrer Höhen- und Tiefenwirkung mal unterstützt, ein anderes Mal nivelliert. Wählt der Künstler mit der Form des Reliefs ein Medium, in dem plastische Dreidimensionalität gestaltet werden kann, so hebt er durch den Einsatz der Farbe die Wirkung dieser Plastizität zum Teil wieder auf.

Dieser lebendige und zugleich subtil verwirrende Dialog zwischen Farbflächen und Holzschichten verführt den Betrachter dazu, sich den Reliefs von Wolfgang Bous zu widmen, sie zu entdecken und zu enträtseln.

Liane Heinz M.A. (Kunsthistorikerin)

Wolfgang Bous

1958 geboren

1977-87 Studium der Biologie, Exam., Bot. Institut, Universität zu Köln

1987-92 Studium der Freien Kunst, FH Köln, (Freie Graphik/Freie Malerei)

1993 Ernennung zum Meisterschüler

Der Brühler Kunstverein bietet auch eine Jahresgabe von Wolfgang Bous an.

Ausstellungen (Auswahl):

1998 Große Kunstausstellung München, Haus der Kunst, München
Sieben Tage im Sommerloch, Orangerie im Volksgarten, Köln
Galerie ARTicle, Köln

1997 Große Kunstausstellung NRW, Kunstpalast, Düsseldorf

1996 Halve Hahn & Roter Preßsack, Kunsthaus Nürnberg
Ausschnitte, Kunstverein (FzKK) Euskirchen

1995 Schöne Bilder, Kunsthaus Rhenania, Köln Quadrate, Galerie ARTicle, Köln

1994 Lesabendio, Köln

1993 Heliosturm, Köln Die Erste, Kunsthaus Rhenania, Köln

1992 Galerie Hinterhaus, Münster
Galerie Der Bogen, Arnsberg Plüschprummen, Gothaer Kunstforum, Köln

1991 Atelier Sömmering, Köln
Kunstverein Brühl

1991-1993 Mitherausgeber der Kunstedition EINSvonHundert

1992 Gründung der Kunstedition SPORKO