Brühler Kunstverein
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Magnus Sönning - "volume no.3" (Installation)

Ausstellung vom 19. Oktober bis 10. November 2012

Ab dem 19. Oktober 2012 zieht sich ein bizarres Belüftungssystem durch den Ausstellungsraum des Brühler Kunstvereins, welches mittels Windmaschinen und Schächten die Luft im Raum bewegt. Mit dieser eigens für diesen Ort geschaffenen temporären Arbeit setzt Sönning seine experimentelle Werkreihe "volume" fort, welche durch provisorisch anmutende Versuchsanordnungen das Luftvolumen der Ausstellungsräume in den Mittelpunkt rückt. Im Fokus von Magnus Sönnings künstlerischer Tätigkeit liegt hierbei die Auseinandersetzung mit bestehenden räumlichen Strukturen und die Entwicklung von ortsbezogenen Installationen. Diese ermöglichen dem Betrachter eine intensive Wahrnehmung von Raum.

Magnus Sönnings Arbeit wird vom Land Sachsen-Anhalt gefördert.

Aufbau in der Schlosserei
Skizze vom Installationsaufbau in der Alten Schlosserei, Skizze: M.Soenning


Zum Künstler Magnus Sönning

Im Fokus von Magnus Sönnings künstlerischer Tätigkeit liegt die Auseinandersetzung mit bestehenden räumlichen Strukturen und die Entwicklung von ortsbezogenen Installationen und Objekten. Sie ermöglichen dem Betrachter eine intensive Wahrnehmung von Raum und dessen Verbindung zu seiner unmittelbaren Umgebung. Dabei wird das Phänomen Raum sowohl aus architektonisch-konkreter, als auch aus körperlich-emotionaler Perspektive untersucht und reflektiert.
Der Ausstellungsraum ist demzufolge nicht nur eine Präsentationsfläche, sondern bestimmt maßgeblich das Erscheinungsbild der entstehenden Arbeit und wird Teil dieser. Dies eröffnet neue Perspektiven auf den Ausstellungsraum selbst und innerhalb unserer Vorstellung von Räumen. Die meisten Arbeiten von Magnus Sönning entstehen nach einer Vorbereitungsphase erst vor Ort und sind oftmals nur temporär für den Rahmen der Ausstellung zu sehen.

Biografie

1981 in Bamberg geboren
2002-2003 Kent Institute of Art and Design, Maidstone, England
2004-2010 Studium an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design Halle
seit 2011 Meisterschüler bei Prof. Monika Brandmeier, HfBK Dresden
seit 2012 Mitglied im Club Mantell

Auszeichnungen
2012 Arbeitsstipendium des Landes Sachsen-Anhalt
2011 Caspar-David-Friedrich-Preis 2011

Ausstellungen
2012
Caspar-David-Friedrich Galerie - Greifswald
Kunstverein Trier Junge Kunst (August)
Kunstverein Brühl (Oktober)
2011
Die Tische sind unten - Künstlerhaus Salzwedel
Parkway Utopia - Residency -Stuttgart
Hunger drives the beasts... Galerie Schöne Stadt - Halle
Sehnsucht Essen - Kloster Plankstetten
2010
Ostrale - Dresden
Diplome der Kunst - Halle
Kunst in Betrieb 3 - Halle
Raumzugänge - Diplomausstellung - Halle
4+ - Projektraum: Alles was du siehst gehört Dir - Halle
2009
Transforma - Internationale Kunstausstellung - Halle
Kurzeitiges unangestrengtes warten auf den Erfolg - Ufo- Galerie
2008
Galerie Raum Hellrot (mit Astrid Bredereck)
Werkleitz Festival Amerika - Halle
Kunst in Betrieb1 - Halle

Weitere Infos: Magnus Sönning



Einführung zur Ausstellung

Magnus Sönning

von Dr. Johannes Stahl

Installationen sind in unserem landläufigen Sprachgebrauch Einrichtungen. Meistens geht es um eine technische Sache, eine Infrastruktur, die in aller erster Linie auf das reibungslose Funktionieren angelegt wird (und deshalb oft unsichtbar ist.) Deshalb ist der Begriff wohl auch in die Wortverwendung bei Computern hinein geraten: allerdings ist die Installation eines Programms eine sehr viel abstraktere Angelegenheit.

Im Bereich der bildenden Kunst ist "Installation" - wie zahlreiche Begriffe, z.B. happening - zunächst ein Ausweichbegriff, um diesen nicht zu stark mit Konnotationen und Regeln aufzuladen. Dan Flavin beispielsweise benutzt ihn Mitte der 1960er Jahre naheliegender Weise für seine raumbezogenen Arbeiten mit Neonröhren. Heute gibt es Lehrstühle dafür und nicht gerade wenige Bücher mit diesem Titel und Thema. Anders als im alltäglichen Baugeschehen geht es in der Kunst oft um Sichtbares und Offengelegtes - zumindest als Ausgangspunkt für einen Prozess, der deutlich weiter greift. Installationen meinen damit auch unsere Wahrnehmung - und vielfältige Möglichkeiten, diesen Impuls "einzurichten" und weiter zu verarbeiten zu einer Art Selbstaufbau. Magnus Sönning nutzt einfache Materialien: Dachlatten, Klarsichtfolie, Fundmaterialien, Luft, Raum. Es ist wohl zunächst unnötig, hier eine Materialikonografie aufzuspannen, obwohl es das als Möglichkeit gibt (auch hier existieren bereits Lehrstühle). Magnus Sönning nutzt Baumarktware oder Vorgefundenes, weil es ihm in materieller Hinsicht nicht um die Aufladung des Materials geht (das wäre bei Bronze oder Marmor anders), sondern eher um dessen naheliegende und daher beiläufige Verfügbarkeit.

Er nutzt aber auch den Raum als Material. Diese Raumikonografie kann für die Mitglieder des BKV durchaus spannend sein: sie kennen diesen Raum bereits seit langem und haben recht zahlreiche Gestaltungen (und das sind immer auch Deutungen) dieses vertrauten Areals erlebt - vielleicht sogar verinnerlicht. Zudem ist es ein Ort mit Geschichte: die ehemalige Schlosserei könnte auch daran denken lassen, dass hier Infrastrukturen gefertigt wurden für das Krankenhaus. Das hat zu einem Raum geführt mit klaren Definitionen im Geometrischen, aber auch durch Bestimmungen, die ebenso konstituierend sind, aber seltener in dieser Funktion wahr genommen werden: ein gestreckter Raum mit einer zentral akzentuiert verspringenden Wand, eine Galerie von bodentiefen Glasfenstern und -türen, eine entsprechende Fassade, Pultdach. Die daraus resultierende eigentümliche Beleuchtung ruft Licht und Luft als Faktoren des Raums ins Gedächtnis. Raumerlebnisse sind Erlebnisse für alle fast Sinne: Tastsinn, Gesichtssinn, Geruchssinn, Hörsinn.

Nicht zuletzt der soziale Raum (Beuys nutzte hier den Begriff Soziale Plastik) steht auf dem Prüfstand der Wahrnehmung. Wer steht wo und schaut wohin - und was hat das gegebenenfalls mit mir zu tun? Die Eröffnungssituation markiert immer auch soziale Fragen - und möglicherweise nicht weniger als der Appell an die fünf Sinne eine Mischsituation mit weiteren Sinnen wie Geschäftssinn, Geschmackssinn, kommunikativem Frohsinn und hoffentlich auch ein wenig Tiefsinn. Ausgehend von der Feststellung, dass es um Räumliches geht, bilden die Installationen also in vielerlei Hinsicht einen Behälter für unsere eigenen Umgänge und Duchgänge mit dem Raum. Je nach Herkunft wird uns diese Versuchsanordnung eher in den Bereich heimwerkerlicher Situationen verleiten, die Rolle von Architektur für Licht und Luft anklingen oder über Luftstromszenarien zwischen Jetstream, gelüfteten Wohnungen, Krankenhausklima nachdenken lassen. Ja sogar übertragene Sprachbilder könnten da mit von der Partie sein: die Inflation als vergrößerter Luftraum, der Luftzug als materialisiertes Klimaphänomen, das Treibhaus als Architektur, die eine Kontrolle über die Natur Form werden lässt.

Magnus Sönning hat im Rahmen einer inzwischen beeindruckenden Reihe von Installationen mit dieser Technik für dem Brühler Kunstverein eine besondere Lösung realisiert. "volume no.3" dockt an keiner Stelle an ein räumliches Element des Ausstellungsraums an, sondern steht als freie Form im Raum. Und gerade deshalb ergeben sich besondere Korrespondenzen zum Raum. Deutlich über Augenhöhe erstreckt sich diese Installation, nimmt Bezug auf zu architektonischen Linien und zu den Proportionen des Raumes - und natürlich zu unseren eigenen.

In der Materialität trennt sich die Arbeit deutlich vom Raum und führt ihr Eigenleben. Allerdings ist es so einfach nicht. Die Klarsichtfolie: wie klar ist sie im Umgang mit den umfriedeten Luftströmen, mit der Filterung des jeweils vorhandenen Lichts? Wollte man die Arbeit fotografieren, steht man vor Herausforderungen: sie erstreckt sich über den gesamten Raum. Auch wenn sie auf den ersten Eindruck übersichtlich erscheint, fordert sie unsere Bewegung heraus, um diesen Eindruck zu prüfen und weiter auszubauen. Man kann sich leicht senken, dass diese Arbeit zu unterschiedlichen Tageszeiten und Beleuchtungen, aber auch je nach personeller Füllung des Raums sehr unterschiedlich ausfällt. Sie zeigt deutlich, wie wichtig die Rolle des Betrachters ist - und die Notwendigkeit, sich diese Arbeit wiederholt als 1:1-Situation vor Augen zu führen.

Magnus Sönning ist nicht nur ein vielseitiger Künstler, (Meisterschüler bei Monika Brandmeier in Dresden) sondern auch Preisträger des Caspar-David-Friedrich-Preises 2011. Möglicherweise wird man nicht direkt eine Verbindung finden zwischen all den Seelenlandschaften und romantischen Gefühlen, die sich mit dieser künstlerischen Position verknüpfen und dem Werk von Magnus Sönning. In der vorsichtigen, offenen Anlage der Kunst wird das sehr wohl so sein, in der formalen Genauigkeit und nicht zuletzt in dem, was der Künstler seinem Publikum an eigenem Erleben zutraut, ja was er geradezu von ihm verlangt. So tritt er auch als Person hinter das Werk zurück, dem er zutraut, selbst stark genug zu sein, um das Publikum zu bewegen. In der Romantik hieß es dann: Bilde, Künstler, rede nicht! Nur ein Hauch sei Dein Gedicht. (Goethe, 1815, Vorwort zu Kapitel Kunst seiner Gedichte).Wir sollten uns nicht wundern, wenn es knapp 200 Jahre später um andere Luftbewegungen geht - aber auch, wenn künstlerische Konzeptionen nach wie vor uns als Publikum eine entscheidende Rolle bei der Frage zuweisen, wohin diese Bewegung uns führt.

Dr. Johannes Stahl, Oktober 2012


Presse

Für kurze Zeit, für einen Ort

Von Hanna Styrie, Kölnische Rundschau, 22.10.2012

Magnus Sönning macht „Raumexperimente“. Dabei verwendet der Bildhauer aus Halle an der Saale vorzugsweise „provisorische Materialien“ wie Dachlatten und transparente Planen, die auch bei seiner aktuellen Arbeit für den Brühler Kunstverein zum Einsatz kamen.
Eine Woche lang hat er an dem über zwei Meter hohen bizarren Lüftungssystem gebaut, das sich durch die Alte Schlosserei zieht. „Der Raum hat durch seine extreme Länge eine spannende Proportion“, stellt Markus Sönning fest, der Besucher mit seinen ortsbezogenen, temporären Installationen für die Eigenschaften der Orte sensibilisieren will.
Im „Lüftungsschacht“ erzeugt er mit handelsüblichen Ventilatoren eine Luftzirkulation. „Volume No. 3“ hat er die Intervention betitelt, die man am intensivsten erlebt, wenn man allein ist.
Der 31-jährige Künstler, der im vergangenen Jahr mit dem Caspar-David-Friedrich-Preis ausgezeichnet wurde und derzeit in Dresden Meisterschüler von Monika Brandmeier ist, befasst sich schon seit längerem mit Raumkonstellationen, mit Fragen der Perspektive und des Standorts. Die Wände, an denen üblicherweise die Kunstwerke präsentiert werden, treten in den Hintergrund; auch den Tisch, auf dem Einladungen und Kataloge ausliegen, hat er verbannt. So richtet sich die Aufmerksamkeit des Betrachters fast zwangsläufig auf die Kanalkonstruktion, für die Einzelelemente rasterartig aneinandergereiht wurden, während ihn das Surren der Ventilatoren und der leichte Luftstrom umfangen.
„Auch der Leerraum ist Teil der Arbeit“, betont der Künstler, der den Abbau seiner temporären Installationen so lange wie möglich verzögerte. Die begrenzte Dauer gehört aber zum Konzept. Was bleibt, ist eine fotografische Dokumentation; das Material wird weiter verwendet.
Die Ausstellung im Brühler Kunstverein, Alte Schlosserei des Marienhospitals, Clemens-August-Straße 24, dauert bis zum 10. November. Geöffnet ist mittwochs von 15 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr. Am letzten Ausstellungstag findet um 15 Uhr ein Künstlergespräch statt.

Der Link zum Artikel



Magnus Sönning  - volume no.3
Magnus Sönning - volume no.3, Foto: M.Sönning

Magnus Sönning  - volume no.3

Magnus Sönning  - volume no.3

Magnus Sönning  - volume no.3

Magnus Sönning  - volume no.3

Magnus Sönning  - volume no.3

Magnus Sönning - volume no.3 (Detailansichten), Fotos: M.Sönning

Magnus Sönning beim Aufbau in der Schlosserei, Foto: Kathrin Höhne
Magnus Sönning beim Aufbau in der Schlosserei
Foto: Kathrin Höhne


Bilder von der Eröffnung

Gaby Zimmermann,  Magnus Sönning (r) und Dr. Johannes Stahl (l), Foto: G.M.Wagner
Gaby Zimmermann, Vorstand BKV, begrüßt zur Eröffnung der Ausstellung den Künstler Magnus Sönning (r) und Dr. Johannes Stahl (l).

Dr. Johannes Stahl, Foto: G.M.Wagner
Dr. Johannes Stahl erläuterte für das Publikum den Begriff "Installation".

Mehrere Personen stehen unter der Installation, Foto: G.M.Wagner
Gebannt verfolgte das Publikum seine Ausführungen.

Dr. Stahl vor Publikum, Foto: G.M.Wagner
Während seiner Rede änderte Dr. Stahl mehrfach seine Position.

Fotos: G.M.Wagner